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Mißtrauen

Fragmentarischer Text, unvollendet, vorbereitet für das erwartete Mißtrauensvotum im Juli 2001, durch die Aussetzung des Parlaments überholt.

97 Parlamentsmitglieder der größten Oppositionspartei, der neoliberalen United National Party, (UNP) hatten nach monatelanger Vorankündigung am 22. Juni gemeinsam mit der Mehrzahl der tamilischen Parteien einen Mißtrauensantrag in das 225 Parlamentarier zählende Parlament eingebracht.

Die UNP sah ihre Chance hierfür gekommen, nachdem die  amtierende Präsidentin Chandrika Bandaranaike Kumaratunga den Führer des muslimischen Sri Lanka Muslim Congress (SLMC), Rauf Hakim (engl. Hakeem), als Minister entlassen hatte, woraufhin mit ihm sechs weitere Mitglieder aus seiner Partei aus der regierenden Volksallianz (Peoples Alliance, PA) ausgetreten waren.

Analog zu anderen Bevölkerungsgruppen ist eine der bedeutenden politischen Organisationsformen die nach ethnischer Zugehörigkeit.

Der SLMC stellte bis zum Spätsommer des Jahres 2000 die wichtigste muslimische parlamentarische Vertretung und galt innerhalb der PA als ein Wackelkandidat. Ihr damaliger Führer M.H.M. Ashraff kam allerdings bei einem Flugzeugabsturz ums Leben, woraufhin eine Zweiteilung der Organisation eintrat. Eine Doppelspitze aus Rauf Hakeem und Ferial Ashraff, der Witwe, übernahm die Führung. Zu den Wahlen trat der SLMC zweifach an. Er selbst als Bestandteil der PA, während formal unabhängig, aber als zukünftiger Koalitionär, die National Unity Alliance (NUA) antrat und einen beachtlichen Anteil der Stimmen erhielt.

Die inzwischen von Ashraff geführte NUA hat sich seitdem politisch als auch organisatorisch ein wenig vom SLMC entfernt. Deutlich wurde dies daran, daß die NUA an der Koalition mit der PA festhielt und Ferial Ashraff im Ministeramt verblieb, als der SLMC die Volksallianz verließ.

Die muslimische Minderheit Sri Lankas umfaßt rund 8% der Gesamtbevölkerung und ist mit der ethnischen Gruppe der so genannten 'Moors' (7%), weitgehend identisch. Sie gilt als sozial eher konservativ und Teile von ihr haben einen  starken traditionellen Einfluß im Bereich des Handels. Anders als die singhalesische Bevölkerungsmehrheit spricht sie aber nicht Sinhala, sondern wie die beiden tamilischen Bevölkerungsgruppen Tamil.

Sie gehört damit zu den seit der 'Sinhala Only '-Politik der 1956er sprachlich benachteiligten ethnischen Gruppen Sri Lankas, möchte allerdings auch nicht von der größeren und kulturell differenzierten tamilischen Minderheit vereinnahmt werden. Gemeinsam ist beiden Sprachgruppen die Forderung nach seperaten administrativen Regionen dort, wo insbesondere tamilsprachige Menschen leben.

Im Gegensatz zu allen anderen der größeren Bevölkerungsgruppen. grenzt sie sich aber z.B. in der Abwesenheit eines Kastensystems ab, einer sehr weitreichenden Institution auf Sri Lanka.

Der Austritt des SLMC brachte nicht nur die PA in Bedrängnis, sondern auch die linksradikal-nationalistische JVP. Sie war plötzlich in die Position des potentiellen Königsmachers oder Bewahrers.

Sie hatte sich vorbehalten, ihre Entscheidung für oder gegen einen Sturz der Regierung bis zuletzt aufzuschieben. Die JVP kritisiert die PA-Regierung zwar scharf von links, hat aber nicht den blutigen Bürgerkrieg zwischen ihr und der UNP-Regierung Ende der 80er Jahre vergessen. Damals starben bei den Auseinandersetzungen im Süden der Insel rund 60.000 Menschen. Zudem spricht sie sich, anders als viele Unterzeichner des Mißtrauensantrags, für den Fortbestand des Verbots der seperatistischen Liberation Tiger Tamil Eelam's (LTTE) aus.

Die Kritik der JVP richtete sich insbesondere gegen die Verschlechterung der Lebensbedingungen und Privatisierungen.

Andere Parteien und Einflußkräfte forderten vor allem einen anderen Umgang mit dem Krieg im Norden und Osten der Insel als den der PA-Regierung.

Allerdings mit einer weiten Spannbreite: Die einen wollten endlich eine militärische Lösung herbeiführen, die entgegengesetzte Seite einen raschen Frieden.

Die Regierung sah den Heilsweg zur Befriedung in einer neuen Verfassung. Hierbei sollte den einzelnen Regionen weitergehende Autonomie gewährt werden, ein unabhängiger Tamilenstaat kam für sie aber nicht in Frage.

Norwegen wurde als Vermittler eingeschaltet und setzte zu intensiver Reisediplomatie an.

Der Versuch einer Verfassungsänderung war allerdings im Sommer 2000 zunächst an der UNP gescheitert. Er soll jetzt irgendwann wiederholt werden, darf aber weder auf die Unterstützung der meisten tamilischen Gruppen noch der Nationalisten oder der JVP hoffen. Die beiden letzteren sehen in der sogenannten 'Devolution' den Anfang von der Teilung des Landes.

Dies wiederum ist das Ziel der LTTE, die einer Teilautonomie ablehnend gegenübersteht und ihrerseits Bedingungen für Friedensgespräche stellt. Hierzu gehören ein Waffenstillstand und die Aufhebung des Embargos gegen die von ihr kontrollierten Gebiete.

Die gegenwärtigen Mehrheitsverhältnisse lassen indes eine einfache Umgruppierung der Parlamentskräfte nicht zu, wodurch erneut das Gespenst einer großen Koalition, bzw. einer Regierung der nationalen Einheit auf der politischen Bühne erschien.

Dieses geisterte bereits kurz nach den Wahlen im letzten Oktober durch die Medien, verschwand dann aber wieder in der Gruft. Mit ihm wäre vermutlich das Ende der Volksallianz gekommen. Denn die Kommunistische Partei (CPSL) und die sich trotzkistisch verstehende LSSP würden dann wohl das Bündnis mit der Sozialdemokratie verlassen.

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