Kurz vor Abschluß: Wahlen auf Sri Lanka
Am 10. Oktober finden auf Sri Lanka Parlamentswahlen statt. In 22 Wahldistrikten sind rund 12 Millionen WählerInnen aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Von den rund 18 Parteien und zahlreichen weiteren unabhängigen
Listen und Kandidaten haben jedoch nur zwei die Chance, die Regierungsbildung übertragen zu bekommen. Die regierende People’s Alliance (PA), ein um die sozialdemokratische Sri Lanka Freedom Party (SLFP) gruppiertes
Mitte-Links-Bündnis, dem auch die Kommunistische Partei (CPSL) angehört, und die größte Oppositionspartei, die neoliberaleUnited National Party (UNP). Die PA, welche sich eine 2/3 Mehrheit im Parlament erwünscht
hatte, geht von einem Wahlsieg mit knapp unter 50% der abgegeben Stimmen aus, hingegen wird das Ergebnis der UNP oberhalb von 40% erwartet. Zum Zünglein an der Waage könnten die linksradikale und
sinhala-chauvinistische Volksbefreiungsfront JVP, der 5 bis 7% der Stimmen zugetraut werden, und die bürgerlich-sinhalanationalistische Sihala Urimaya (SU) werden. Letztere stellt allerdings eine neue und bislang
schwer einzuschätzende politische Größe dar. Beiden gemein ist, daß ihr Wahlpotential beinahe ausschließlich in der singhalesischen Bevölkerungsmehrheit liegt. Überschattet wurde auch dieser Wahlkampf vom Krieg
zwischen der Regierung Sri Lankas und den sogenannten Befreiungstigern von Tamil Eelam (LTTE), sowie zahlreichen politischen Ausschreitungen. So verloren mehrere der PA angehörige und mit ihr verbündete muslimische
Politiker während des Wahlkampfes ihr Leben. Tote Unterstützer beklagen jedoch auch die JVP und die UNP. Bedroht sind aber besonders tamilische Politiker, die sich an den Wahlen beteiligen und deshalb von der LTTE
bekämpft werden. Trotzdem gilt der jetzige Wahlkampf, verglichen mit vorigen, als relativ friedlich. Der seit der Unabhängigkeit 1948 schwelende Konflikt zwischen den, auf die singhalesisch buddhistische
Bevölkerungsmehrheit gestützten, Regierungen und tamilischen Gruppen war nach blutigen Pogromen im Juli 1983 zum Krieg eskaliert. Nach gewaltsamen innertamilischen Auseinandersetzungen hatte sich hierbei die LTTE
zur dominanten Vertreterin tamilisch-seperatistischer Interessen entwickelt. Die PA erhielt 1994 nicht nur das Mandat, die seit 1977 regierende UNP abzulösen, sondern auch endlich zu einer friedlichen Beilegung
des Konfliktes zu gelangen. Nach einem hoffnungsvollen Beginn von Friedensverhandlungen brach allerdings der Waffenstillstand 1995 und führte zu neuerlichen Kriegshandlungen. Hierbei wechselten sich die
militärischen Erfolge ab. Gelang es zunächst der Regierungsarmee, die weitgehende Kontrolle über bislang von der LTTE gehaltene Gebiete zu erlangen, wurde sie seit 1999 in die Defensive gedrückt und verlor im April
2000 die militärische Festung Elephant Pass, das Nadelöhr zur fast ausschließlich von Tamilen bewohnten Halbinsel Jaffna. Die Regierung konnte nur knapp eine vollständige Niederlage vermeiden und reagierte mit
der Verhängung des Kriegszustandes und weitgehender Pressezensur. Zur Zeit befinden sich ihre Truppen wieder auf dem Vormarsch. Die Folgen des Krieges sind allerdings ruinös. Sie führten nicht nur zu einem
rapiden Anstieg der Lebenshaltungskosten, sondern befördern auch den Ausverkauf der Insel via IWF. Gestiegene Energiepreise und das, demnächst auslaufende, Monopol des Shell-Konzerns verschärften die Situation
weiter. Hierdurch steckt die Politik der PA in einer Sackgasse, die jetzt u.a. mit Privatisierungen das Gegenteil von dem verfolgen muß, wofür sie öffentlich eintritt, eine sozialere Gesellschaft, deren
Propaganda auch das Wort Sozialismus kennt. Um zu einer Beilegung des ethnischen Konfliktes zu kommen, hatte die Regierung frühzeitig den Vorschlag einer Verfassungsänderung mit weitreichenden kommunalen
Selbstverwaltungsrechten unterbreitet. Sie scheiterte allerdings im August 2000, nach zähen Verhandlungen mit der Opposition und dem entschiedenen Widerstand von Teilen des buddhistischen Klerus, an der notwendigen
2/3 Mehrheit für eine solche Änderung und zog den Entwurf enttäuscht zurück. Ob sich die Ausgangslage für die neue Verfassung durch die Wahlen verbessern wird, bleibt allerdings fraglich.
6. Oktober 2000
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