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Bittere Praline

Bittere Praline
westliche Mythen und Sextourismus

Ein exotisches Früchtchen hatte die Praline ihrer Leserschaft präsentiert. Shabana aus Sri Lanka.
Freizügig posierend, mit viel Fleisch garniert, dürfen staunende Deutsche Interessantes über das Urlaubsziel Sri Lanka erfahren.

Nicht nur, daß Frauen auf Sri Lanka entweder Eheweiber oder ausgehaltene Gespielinnen sind, die alle Sexmassage können, sondern auch solche Details, wie, daß ihre Schambehaarung sehr hart ist, deren öffentliche Zurschaustellung am Strand nicht unüblich ist und 'Paarungsbereitschaft' ausdrückt.
Zu guter Letzt: der heiße Tip vom wilden Sex im nächtlichen Dschungel.

Den derart aufgeklärten Interessierten seien einige ergänzende Informationen angeraten.

1) Frauen auf Sri Lanka sind tatsächlich oft verheiratet und (oder) können über sich selbst entscheiden, abgesehen von ... .
Ausgehaltene und Harem gibt es dort in Relation nicht mehr als auch bei uns. Allerdings gibt es engere Bindungen an die, aus Pralinesicht wohl als gestrenger zu bezeichnenden, Vorstellungen über Ehe und Sexualität.
Mit 30 noch nicht verheiratet zu sein kann für eine Frau auf Sri Lanka, als late girl, durchaus zu einem gesellschaftlichen Problem werden. Dieses ist allerdings nicht vergleichbar zu denen, derer sie sich gegenüber sehen würden, gäben sie sich hemmungslos westlichen Touristen hin.
Trotzedem gibt es natürlich so etwas wie Prostitution, mit allen ihren kriminalisierten und kriminellen Erscheinungen.
Nicht, daß es keine heimische Prostitution gäbe, diese findet sich auf Sri Lanka, wo das Problem der arrangierten Hochzeiten hinzu kommt, genauso natürlich wie überall anders auch.
So reiche Kunden, wie westliche Touristen sie nun einmal darstellen, versprechen allerdings ausgesprochen hohe Einnahmen, auch wenn der Schein, nur zu oft, trügt. Das gilt nicht nur für die Prostitution von Frauen.
Für Sri Lanka führt dies zur besonderen Problematik, weil Armutsprostituion auf 'potente' westliche Freier trifft, die sich nicht zuletzt durch Artikel wie in der Praline angeheizt, den sexuell orientierten Urlaub mit dem besonderen oder gar verbotenen Kick versprechen.

2) Praline muß eine, allerdings undokumentierte, Sternstunde des Voyeurismus erlebt haben, als sie am Strand eine Einheimische Unten ohne erblickte.
Nackte Frauen am Strand, das sind Touristinnen. Wer einmal eine Singhalesin oder Tamilin am Strand  hat baden gesehen, der weiß, nur in voller Montour, d.h. mit Sari.
Sri Lankanische Frauen im Badeanzug gibt es inzwischen auch. Sie sind allerdings die Ausnahme und gehören in der Regel den städtischen Ober- und Mittelschichten an.

3) Wilder Sex im Dschungel ist nur halb so angenehm aber dafür doppelt so wild und aufregend, wie ihn sich viele vorstellen.
Nicht nur das Mücken, Ameisen und einiges anderes Getier für prickelnde Erfahrungen sorgen können, es führt am nächsten Tag auch schnell zu wissenden Blicken.
Trotzdem läßt er sich zuweilen vernehmen. Oftmals auch im sanktionierten Rahmen.
Sri Lanka ist sehr dicht besiedelt und es geschieht nur wenig, das wirklich keiner sieht oder hört.
In dieser Weise ist die soziale Kontrolle sehr hoch.
Tatsächlich allerdings ist die Erfahrung von Lust und Zärtlichkeit im Freien für viele Sri Lankaner eine Notwendigkeit, die aus der Abwesenheit privater Rückzugsräume rührt. Ein berühmtes Bild ist die Regenschirm-mit-Pärchen Parade an der Küste vor Colombo.

Trotzdem Praline solch offensichtlichen Blödsinn schreibt, ist dieser durchaus wirksam und trifft auf eine phantasiebestimmte Glaubensbereitschaft bei der Leserschaft.
Als exotisches Highlight präsentiert, trifft Praline zwischen verschiedene Wirklichkeiten, Darstellungs- und Erwartungshaltungen.

Vorauszuschieben wäre dem folgendes:
Der westliche Blick auf die Region ist gelegentlich dadurch bestimmt, daß es sich um die Exotik und zuweilen eben auch Erotik des Orients, vielleicht noch einmal grob in muslimisch und nicht muslimisch unterteilend, handelt. D.h., etwas lose: Hinduismus und Buddhismus, Ayurveda, Tantra, Bhagwan, Thai-Mädchen und Frau Wallert. Den Mt. Everest nicht vergessen und die Elefanten.
Und, natürlich: Bars und endlose Strände.

Das von Praline erzeugte Bild fügt sich dabei in reale oder angenommende Berührungspunkte ein. Dabei trifft es auf eine speziell motivierte Leserschaft.
Im Rahmen dieser Erwartungen schafft es Vorstellungswelten, deren Umwandlung in Urlaubsabenteuer Möglichkeit beigemessen wird.

Der Traumerfüllung kommen 'exotische' Reiseziele entgegen.
Exotik bezeichnet den Reiz des fremdartigen, tatsächlich außerhalb der eigenen [Alltags-] Erfahrungswelt liegenden.
Fremd, d.h. am besten an äußerlichen Merkmalen erkennbar, schon auf den ersten Blick hin anders und dadurch vom Eigenen unterscheidbar.
Ein Interesse, das sozio-biologische Kategerorisierungen, wie die nach Rasse, fördert.

Der stereotypischen Vorstellung von den kindlichen, mandeläugigen und dunkelhaarigen Schönheiten Asiens fügt Praline noch ein weiteres rassisches Merkmal, die Dichte und Beschaffenheit des Schamhaares als 'äußeres' , vom Heimischen zu unterscheidendes, hinzu.

Der Reiz des Andersartigen, Fremden ist durch ein paar Flugstunden erreichbar

Das Erlebnis der Begegnung ist geprägt durch spezifische Kenntnis voneinander und den situationsbedingten Statusunterschied. Die Begegnung des Touristen, als Leistungsnehmer, mit den "Eingeborenen" als 'Dienstleister'.

Der Einheimische ist in dieser Beziehung oft nur solange gut, wie er dient. Tut er dies gerade nicht, und ist für den Moment auch einmal nicht hübsch anzusehen, dann wird er auch schon mal als störend empfunden.
Aber, die unterwürfige Asiatische Mentalität' kommt dem ja glücklicherweise entgegen.
Der Asiate an sich, ist ja bekanntlich schon dienstbereit, willig und verfügbar.
Praline unterstreicht diese Annahme und ergänzt, daß zur Not, wenn der Wille nicht vorhanden, dann doch ausreichende Verfügbarkeit gewährleistet ist.

Neben Massagetechniken, die bei den Frauen die totale Sexgier auslöst, verrät Praline auch, das es Frauen gibt, "deren Familien so arm sind, daß, um die Familie abzusichern, sich so manches Mädchen fremden Männern gegen Geld anbieten muß."

Mit anderen Worten Armutsprostitution. Hier geht der Zwang durch die ökonomischen Verhältnisse aus. Er ist damit wesentlich sozial bedingt und nicht ein individueller Härteschlag, wie es die zahlreichen, Mythen von entführten und mißbrauchten Frauen, die unschuldig in die Misere geraten sind, darlegen.

Auch die Praline fröhnt dieser Darstellung. Wie wir erfahren dürfen, geschieht z.B. folgendes: "Hübsche junge Mädchen werden von skrupellosen Menschenhändlern auf das indische Festland verschleppt. Dort gibt es regelrechte Versteigerungen, wo Strohmänner reicher Inder die Mädchen aufkaufen. Diese verschwinden häufig in den Privatgemächern ehemaliger Maharadschas und dienen nur noch der Lust."

Der Zwang wird plötzlich personifiziert. Anders als Praline es behauptet, ist die zugehörige Mythe auf Sri Lanka die der mißbrauchten Mädchen und Jungen in den Golfstaaten, wohin es eine erhebliche Arbeitsmigration gibt. Nicht Maharadschas, sondern die Öl-Scheiche. Der Kern bleibt erhalten. Es ist stets die zufällige, aber stereotype Zwangs und Leidensgeschichte mit (ausländischen) Übeltäter und unschuldigem Opfer.
Solche Geschichten tragen zur Verdrängung der realen Ursachen für die eigentliche Masse der Erscheinung bei.
Handlungsbefähigende Erklärungsmuster treten zugunsten verkaufbarer Mythen zurück.

Der erste Kunde ist hierbei der Freier. Er betritt in der Regel erst nach der unterstellten Zwangstat eines anderen das Geschehen und darf sich, wenn er das will als selbstverstandener Wohltäter verstehen.
Die Frauen als Dienstleisterinnen wiederum wissen, daß es marktkompatibler ist, den stummen Zwang der Verhältnisse zugunsten einzelner Übeltäter auszublenden, anstatt evtl. noch die eigene Familie zu beflecken.
Diese Marktkompatibilität richtet auch das Medienbild zu. Zu einer dramatischen Story gehört ein unschuldiges Mädchen, entführt und grausam zu Willen ekelhafter Männer gezwungen. Happy End denkbar. Ungünstige Verhältnisse bieten wohl keinen ausreichenden Nachrichtenwert, sind aber offiziell regelmäßig auch nicht gewünscht.
Es ist doch einfacher, wenn die Schuld bei kriminellen Elementen, Menschenhändlern und ausländischen Mächten liegt.

Praline holt ihre Leser ab. Im Dunstkreis des von Tantra und Ayurveda undTempeltanz mitgeprägten Bildes vom asiatischen Kulturvolk, mit seinen Mysterien, läßt sich auch das geheimnisvolle Wissen um eine Sexmassage ansiedeln.

Sexmassagen sind 'in' und werden in jeder Fernsehsendung vorgeführt. Stoßen also durchaus auf das Publikumsinteresse. Tantra selbst firrmiert irgendwie als Liebestechnik oder ist das nicht sogar dasselbe? Daß Tantra eine spezifische Form der Religiosität darstellt, die mit dem Theravada-Buddhismus auf Sri Lanka nur entfernt etwas zu tun hat, ist nur eine bedingt vermittelte Erkenntnis.

Sri Lanka hat tatsächlich ein Interesse an der Förderung des Ayurveda-Tourismus. Dem schadet der Ruf des etwas geheimnisvollen wohl nicht. Ähnliches gilt für seine traditionellen Tänze. Mit dem indischen Tempeltanz der Devadasis hat das allerdings nichts zu tun.

Zu einem realen Problem werden jedoch solche Touristen, die sich gerade hiervon angezogen fühlen, die aber wollen, was ihnen woanders zu Recht verweigert wird.

Strandurlauber greifen auf die sogenannten Beach-Boys und Reisebegleitungen zurück, wenn sie sich 'relief' verschaffen wollen. Hierduch ist eine besondere, wenn auch nicht auf Sri Lanka beschränkte, Prostitutionsform entstanden, die durchaus auf eine gewisse Regelmäßigkeit und über die sexuelle Dienstleistung hinausgehend angelegt ist. Manchmal steht Sex sogar tatsächlich an zweiter Stelle.

Die Problematik besteht also bei den westlichen Sextouristen nicht in der Schaffung von Prostitution an sich, sondern darin, daß sie die Nachfrage in verschiedener Hinsicht erweitern. Mit Erscheinungen, die bislang unbekannt bzw. nicht offensichtlich waren.

Solange wie die Armut ein Angebot schafft und der Tourismus eine erweiterte Nachfrage, werden die zahlreichen rechtlichen Maßnahmen wenig ausrichten.
Kriminalisierung verschärft sogar regelmäßig die Situation der Frauen und Jungen, während die Freier wieder abreisen. Daran ändert letztlich auch der territorial ausgedehnte Rechtsbegriff der Bundesrepublik, für Vergehen Deutscher im Ausland wenig.

Geschichten wie die der Praline von Shabana unterstützen den Prozeß sexueller Ausbeutung. Sie entstehen zwar in der präsentierten Form im Westen, bedienen aber auch Interessen auf Sri Lanka. Ebenso, wie in anderen Ländern mit dieser Problematik auch.
Denn die Mythen sind durchaus dazu angetan, den stummen Zwang der Verhältnisse zu stützen oder wenigstens zu verschleiern.

Drei Nachsätze:
Als exotisch  galt vor gar nicht allzu langer Zeit wohl auch Schweden.
In Film, Fisch und Fernsehen, aber auch in Printmedien erfreuten sich stets barbusige und willige Schwedinnen größten Ineresses.
Im Unterschied zu Sri Lanka, war der relative Lebensstandart allerdings durchaus dem bundesdeutschen vergleichbar.
 



Zum Weiterlesen:

Frederick, John (1999): "Gita - die Wirklichkeit hinter dem Mythos", Asienhaus.
Im Internet unter: "Gita - Südasiens Mythen über das Sexgeschäft";
http://www.asienhaus.de/publikat/sab/sab1_99/gita.htm

schon etwas älter sind:
Wald, Herman-J. "Das bittere Los der Bereisten" in Merian 2/38, Sri Lanka - Ceylon, 1985.
de Silva, Mervyn "Heirat nach dem Horoskop", ebenda. 



 

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