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Die Kaste als soziale Kategorie auf Sri Lanka

Eine Liste verschiedener Namen von: Kasten auf Sri Lanka


Soziale und ethnische Organisation in Kasten

Zu den wichtigen Merkmalen ethnischer Differenzierung auf Sri Lanka gehört die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kaste.

Die Existenz von Kasten teilt die Gesellschaft hierbei in verschiedene Richtungen. Muslime unterscheiden sich von den übrigen Bevölkerungsgruppen zunächst durch die Abwesenheit eines Kastensystems.

Während sich hier der kulturelle Unterschied zu den übrigen Bevölkerungsgruppen durch die Abwesenheit eines Systems ausdrückt, unterscheiden sich jene Gruppen, die ein solches System besitzen, nach außen durch eigenständige, voneinander abgegrenzte Systeme.

Innerhalb dieser Gruppen jedoch bestimmen sie zueinander eine hierarchisch strukturierte soziale Ausgliederung, die nicht nur die soziale, sondern auch die berufliche Zuweisung vornimmt.

An der Spitze sowohl des singhalesischen als auch de tamilischen Systems stehen jeweils die Bauernkasten (Goyigama und Vellala), die die jeweiligen Bevölkerungsmehrheiten repräsentieren und traditionell Anspruch auf die politische Führung erheben.

Sie stellen jeweils bedeutende Teile der Eliten. Die dominante Stellung der Bauernkasten unterscheidet die Systeme auf Sri Lanka deutlich von der indischen Form, aus deren Vorläufer sie sich einst entwickelten.

Dort war den brahmanischen Kasten diese Position vorbehalten. Auch ist das System auf Sri Lanka nicht so weit ausdifferenziert wie auf dem Festland. Von Bedeutung ist es trotzdem. Dies bestätigt ein Blick auf Heiratsanzeigen. Von übergeordneter Bedeutung sind dort stets ein günstiges Horoskop und vor allem die richtige Kaste. Auch in der Politik spiegelt sich die soziale Organisation nach Kasten wieder.

Um Premierminister oder Präsident zu werden, sollte der Kandidat schon ein Hochland-Goyigama sein. Einzig der ehemalige Präsident Premadasa, ein Hinaya, macht hier eine Ausnahme. Um hingegen Parlamentskandidat für Negombo zu werden ist es wichtig christlicher Karava zu sein.

Bei aller Unterschiedlichkeit gilt auch für das offenere singhalesische Konzept der Kaste die soziale Abgegrenzheit. Die Kaste stellt in gewisser Weise den sozialen Nahrraum, in dem sich ihre Angehörigen bewegen. Hier verlaufen die selbstbestimmbaren Kontakte und solidarische Netze. In einer bestimmten Kaste zu sein bedeutet deshalb vielfach auch die Zugehörigkeit zu einer politischen Organisation oder einem bestimmten religiösen Orden. Beispielsweise rekrutiert sich der älteste buddhistische Mönchsorden der Insel, der Siyam-Nikaya, ausschließlich aus Goyigama.

Der Wandel während der Kolonialzeit hat insbesondere die Fischer- und Händlerkasten  begünstigt. Als Küstenbewohner frühzeitig kolonialisierte Bevölkerungsgruppen wie die Fischer hatten sich vor den, noch priviligierten, Bauernkasten neue Tätigkeitsfelder eröffnet. Dies begünstigte eine wirtschaftliche Potenz ihrer Eliten, die sie in Konkurrenz zum traditionellen Führungsanspruch der Bauernkasten brachte.

Dies hat auch zu einem Wandel im zugemessenen sozialen Status geführt. Karava stehen im singhalesischen System heute nur noch knapp unter den Goyigama und bei den ceylon bzw. sri lanka tamils nähern sich die Karaiya den Vellala an.

Mittels des Kastensystems unterscheiden sich übrigens auch die indian tamils von den ceylon tamils. Als ‘Kontraktarbeiter’ von den Briten verpflichtet, gehörten ihre Vorfahren meist ‘niederen’ Kasten aus Südindien an.

Zu den Kasten, denen ein geringer sozialer Status beigemessen wird, gehören dabei regelmäßig die Landarbeiterkasten.

Dies verweist in eine materielle Dimension der Kaste. Die historischen Kasten Sri Lankas standen in einem engem Kontext mit der notwendigen Produktion und der Verfügung über das Land. Die alten, auf den Naßreisanbau gegründeten Königreiche bestimmten die Vorherrschaft der Bauern und, wenngleich von anderer Bedeutung, der Krieger. Da sich die Staatsbildung jedoch unter der Dominanz des Buddhismus vollzog ging die religiöse Führerschaft nicht in die Hände einer den Brahmanen vergleichbaren Gruppe über, sondern rekrutierte sich de facto aus den aktuell staatstragenden.

Das Ende der historischen Funktion dieser Kasten und die Entstehung neuer Königreiche wie Kotte und Kandy, die auf einer veränderten wirtschaftlichen Existenz gründeten, wurde rasch mit dem Erscheinen des europäischen Kolonialismus konfrontiert. Während das Tieflandreich Kotte rasch kolonialisiert wurde, konservierten sich Teile des historischen Systems im Hochland von Kandy.

Ein Erbe, das Sri Lanka mit in die Unabhängigkeit nahm. Zwar verbietet die Verfassung die gesellschaftlich Bevorzugung oder Benachteiligung aufgrund von Kastenzugehörigkeit, ihre soziale Macht besteht aber fort.

Das Kastensystem wirkt jedoch nicht nur ab- und ausgrenzend, sondern ist, wie der indische Soziologe Nirmal Kumar Bose einmal anhand indischer Stammesbevölkerungen nachwies, die Methode, mit der die Gesellschaft neue Bevölkerungsgruppen und Stände absorbiert. Sie erhalten den Status einer Kaste zugewiesen, müssen sich aber den Bedingungen des Kastensystems unterwerfen. Hierin besteht auch ein Stück sozialer Sicherheit, nicht zuletzt auch durch die privilegierte Zuweisung bestimmter Tätigkeiten.

Daß ein solcher Prozeß auch auf Sri Lanka stattgefunden hat, wurde in der Fachwelt nicht zuletzt am Beispiel der Fischerkasten diskutiert, von denen angenommen wird, daß sie erst später in die jeweiligen Gesellschaften integriert wurden.

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