Hochlandtamilen, indian tamils bzw. upcountry People
Rund 1.136 Millionen Menschen, oder ca 6% der Gesamtbevölkerung, so wurde 1998 geschätzt, gehören der Bevölkerungsgruppe der sogenannten indian tamils
an. Diese kamen in Folge der kolonialen Neuordnung als letzte große Zuwanderungsgruppe ins Land.
Mit der Einführung der Plantagenwirtschaft standen die britischen Kolonialherren vor dem Problem unzurerichend zugerichteter Arbeitskräfte. Sie lösten dies, in dem sie eine hohe Zahl südindischer (tamilischer)
Vertragsarbeiter ins Land holten.
Zunächst kamen nur wenige Arbeiter ins Land und auch nur saisonal. Dies änderte sich aber endgültig mit der Einführung der Teeplantagen. Diese erfordern eine ganzjährige Bewirtschaftung bei nahezu
gleichbleibender Intensität. Bei geschlechtlicher Arbeitsteilung sind dort auch heute noch die Frauen für das Pflücken der Teeblätter zuständig und die Männer für den Rest.
Schon die Anreise ihrer Vorfahren erfolgte unter unzumutbaren Zuständen. Von denen, die damals auf der Insel ankamen, starben rund 10% auf dem mühseligen Fußweg von den Häfen zu den Plantagen. Dort wurde ein
weiteres Viertel von ihnen Opfer von Krankheiten, zwischen 1841-49 starben so ca. 70.000 Menschen.
Verläßliche Migrationszahlen gibt es erst ab 1843. Um das Jahr 1850 herum stabilisierte sich die Zuwanderung jedoch bei 60.-100.000 Menschen jährlich.
Viele wurden seßhaft. Die Zahl jener “Vertragsarbeiter” die dauerhaft auf der Insel blieben nahm dabei zu. 1847 waren es 50.000, 1877 = 146.000, 1911 = 458.000, 1931 = 693.000, 1961 = 950.000.
70% der Einwohner in den Plantagengebieten zählen heute zu den indian tamils. Sie gehören zu einer der am stärksten benachteiligten gesellschaftlichen Bevölkerungsgruppen.
Das vorherrschende Konglomerat der Kastensysteme
ordnet sie überwiegend niederen Kasten zu. Dabei ist ihr eigenes System nur relativ zu dem der Singhalesen oder der sogenannten Ceylon-Tamilen vergleichbar. Letzere sind zwar ebenfalls Tamilen, leben aber schon seit langem auf der Insel und hatten sich historisch so selbständig entwickelt, daß z.B. im doch wesentlichen Bereich der Kaste eine selbständige Entwicklung erfolgte, etwa bei der Hochbewertung der sogenannten Bauernkasten, oder in der Entwicklung der Fischerkasten.
Eine Zuweisung für die indian tamils erfolgte auch durch die nahezu geschlossene und ‘exklusive’ Tätigkeit innerhalb des Produktionsprozesses nur einer bestimmten Ware.
Anders als mit der bestehenden (ceylon-) tamilischen Oberschicht waren die Briten an keiner weiteren Kooperation mit ihren Kontraktarbeitern interessiert. Ganz im Gegenteil. Ihre Entrechtung war eine Bedingung
ihrer Existenz als billige Arbeitskraft.
Nach der Unabhängigkeit verbesserte sich ihre Situation nicht.
Die Staatsbürgerschaft wurde der Mehrheit verweigert und damit auch eine Vielzahl staatsbürgerlicher Rechte. Hierzu zählte auch das nicht unerhebliche Recht auf Landerwerb.
Tatsächlich ging es sogar einen Schritt zurück. Bei den Wahlen zum kolonialen Selbstverwaltungsparlament
in 1931, 1936 und 1947, war ihnen noch ein begrenztes Wahlrecht zuerkannt worden, aber mit der Aberkennung der Staatsbürgerrechte durch den “Citizenship Act” (15.11.1948) und den “Indian and Pakistani Residents (citizenship) Act” von 1949, entfiel auch dieses.
Das Gesetz von 1948 hinterließ rund 900.000 staatenlose “Personen indischer Abstammung”.
134.000 von ihnen wurden bis 1964 eingebürgert, aber auch 185.000 nach Indien abgeschoben, wo sie ebenfalls staatenlos waren.
1964 kam es dann zum sogenannten ‘Sirimavo-Shastri-Vertrag” Sri Lanka und Indien verpflichteten sich gegenseitig jeweils im Verhältnis 4 : 7 die Staatenlosen einzubürgern. Allerdings kam die Einbürgerung nur
schleppend in Gang und bedeutete für viele die schlichte Abschiebung in eine fremde Heimat. Im Jahre 1979 waren 255.000 der sogenannnten ‘repatriates’ nach Indien ‘ausgebürgert’ worden und ca. 160.000 hatten
die Staatsbürgerschaft Sri Lankas erhalten. Zu diesem Zeitpunkt lebten noch 120.000 der Hochlandbewohner, die inzwischen über einen indischen Paß verfügten, als sogenannte “overstays” in Sri Lanka.
Die unterschiedliche soziale Stellung der beiden tamilischen Bevölkerungsgruppen und beider zur singhalesischen Bevölkerungsmehrheit zeigt sich auch im unterschiedlichen Bildungszugriff. Ein Mix aus früher
Christianisierung und britischem Teile und Herrsche führte zunächst dazu, daß sich die Aneignung von westlichem Wissen überproportianal in der tamilischen Oberschicht vollziehen konnte. Für die Plantagenarbeiter
galt dies nicht.
Als im Zuge der Sinhala-Only-Kampagne von 1956 und mit dem Sprachgesetz von 1972 das Tamilische benachteiligt wurde und schließlich der Bildungszugriff für Tamilen rechtlich verengt wurde, traf dies auf der Ebene
der Elitenbildung vor allem ceylon tamils, beide Gruppen gleich traf die Tatsache, daß sie nun eine Sprache sprachen, mit der sie in ihrem Staat nichts mehr werden konnten. Letzteres gilt übrigens ebenso für die
überwiegend tamil-sprachigen Moors, Sri Lankas muslimische Minderheit.
Als nach den Wahlen von 1977 antitamilische Pogrome ausbrachen, betrafen diese erstmals auch die indian tamils. Viele von ihnen flohen damals in den Norden der Insel.
Bis zu Ende der 80er Jahre waren bis zu 500.000 Menschen nach Indien abgeschoben worden. Ein Rechtsakt in 1986 garantierte schließlich der überwiegenden Zahl Einwohnerrechte. Die letzten 94.000 wurden formal
gleichgestellt.
Die lange Zeit der Entrechtung hat jedoch tiefe Spuren hinterlassen. An den Lebens- und Arbeitsbedingungen hatte sich nur wenig geändert.
Die ceylon tamils haben ihre eigenen Formen politischer Vertretung entwickelt,
die im Wesentlichen auf die Kooperation mit einer der beiden wichtigen singhalesischen Parteien, UNP und PA, abzielte um so individuelle Verbesserungen zu erreichen. Zu den beiden bedeutendsten Organisationen gehören der Ceylon Workers Congress (CWC) und die UpCountry People’s Front (UPF bzw. UCPF). Aus einer gesamttamilischen Organisiertheit zog sich der CWC im Jahre 1976, also während des Formierungsprozesses der sogenannten tamil tiger.
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